Textbüro Eissing
Mechthild Eissing
Pastor
Wilhelm Butterbrodt
150 Jahre Maigesetze
Deutsches Kaiserreich vor 150 Jahren: Am 11. Mai 1873 schreibt der Staat der katholischen Kirche vor, welche Ausbildung Geistliche zu durchlaufen haben. Das ist neu. Vor allem aber fordert das Gesetz die Kontrolle über die Anstellung von Geistlichen. Insgesamt werden in diesem Mai vor 150 Jahren vier neue Gesetze erlassen, die es dem Staat ermöglichen, weitgreifend in die bisherige Autorität der Kirche einzugreifen. 1874 und 1875 kommen weitere „Maigesetze“ dazu.
Am 17. Januar 1873 hatte Rudolf Virchow im Preußischen Abgeordnetenhaus den Begriff „Kulturkampf“ als Beschreibung des Konfliktes zwischen Staat und Kirche bereits etabliert, und in den Zeitungen wird dieser Konflikt fortan mit spitzer Feder nicht nur protokolliert, sondern auch bestritten. Ein kleiner Ort im Hochstift Paderborn wird nun zum Sinnbild für ein oft auch unsinnig ausgetragenes Gefecht. Niederntudorf.
Dabei ist es wohl eher Zufall, dass die Niederntudorfer in einen Strudel geraten, der mit einer Medienkampagne größeren Ausmaßes einhergeht. Fake News inbegriffen.
Die politischen Vorgänge um die Seelsorge in Niederntudorf in dieser Zeit sind schön zusammengefasst in einer Schülerarbeit von 1999, die die damals 9. und 10. Klassen der Hauptschule Niederntudorf für einen Geschichtswettbewerb bei der Körber-Stiftung eingereicht haben – und mit der sie sich den 5. Preis geholt haben. Noch mehr von dem nun folgenden Kleinkrieg erfährt, wer sich durch das Zeitungsarchiv „Zeitpunkt NRW“ sucht. In diesem Zeitungsportal sind mithilfe von Bibliotheken und mit Unterstützung des Landes NRW alte Zeitungen online gestellt – und durchsuchbar gemacht worden. Das älteste Exemplar ist von 1743.
Links:
Zur Körberstiftung und dem Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten. Bei den 5. Plätzen findet sich die Arbeit über Caplan Butterbrodt:
https://koerber-stiftung.de/projekte/geschichtswettbewerb/preistraeger-innen/?competition=4725
Das Zeitungprojekt Zeitpunkt NRW:
www.zeitpunkt.nrw
Es ist der 28. März 1873, als Wilhelm Butterbrodt zum Priester geweiht wird. Sofort wird er nach Niederntudorf geschickt, da der dortige Pfarrer Menneken krank geworden ist. Menneken stirbt im Juli – und Kaplan Butterbrodt tritt selbstverständlich seine Nachfolge an. Das hätte er allerdings ohne Genehmigung von staatlicher Seite nach dem Erlass der Maigesetze nicht mehr gedurft. Der Paderborner Bischof Konrad Martin hatte sich aber schnell einen Namen dadurch gemacht, dass er die seit Mai nötigen Genehmigungen nicht einzuholen pflegte. Auch das seit Mai notwendige Kulturexamen, das eine staatliche Prüfung in Geschichte, Philosophie und Literatur verlangte, konnte Butterbrodt natürlich noch nicht vorweisen.
Im Juli 1874 dann wird der Bischof Martin zweimal wegen der vakanten Stelle vom Oberpräsidenten angeschrieben, er antwortet nicht. Stattdessen antwortet im August das Generalvikariat – und zwar dahingehend, dass der Bischof ja nun seit Anfang des Monats inhaftiert sei, das Generalvikariat aber nicht berechtigt sei, diese Angelegenheit zu erledigen. Am 4. August war Martin – mit dem Wagen der Express Post – abgeholt worden. Früh morgens. Und auch wenn der Termin nicht bekannt gemacht worden war: Hunderte Katholiken säumten den Weg. Im Januar 1875 schließlich wird Bischof Konrad Martin seines Amtes enthoben.
Da ja nun das Bistum Paderborn und die Pfarrei Niederntudorf aus Sicht des Staates verwaist sind, kümmert sich der Landrat in Büren im Frühjahr 1875 um eine Neubesetzung der Pfarreistelle in Niederntudorf. 10 großjährige Männer aus verschiedenen Familien, so die Bekanntmachung, die unter anderem im Sauerländischen Anzeiger vom 2. März 1875 zu lesen ist, können (und sollen wohl auch) die Wahl eines Ortspfarrers beantragen. Doch kein Niederntudorfer stellt einen solchen Antrag.
Im Mai 1875, der Monat scheint wie mit Bedacht gewählt, werden dann das gesamte Vermögen und die Kirchenbücher der Gemeinde Niederntudorf, und einiger anderer Gemeinden auch, in Beschlag genommen, weil die Pfarrstelle nicht mit staatlicher Zustimmung besetzt ist. Die Pfarrangehörigen müssen sich Taufen, Hochzeiten etc. nun von Regierungsseite bestätigen lassen – und kirchliches Leben findet, offiziell zumindest, nicht mehr statt. Taufen, Erstkommunion und Hochzeiten werden in Obertudorf gefeiert. Inoffiziell ist dennoch einiges möglich: Laiengottesdienst mit gesungenem Segen und Beichten mit Wächtern, die Schmiere stehen, um zu warnen, wenn der Gendarm ins Dorf kommt.
Im November 1875 werden Butterbrodt, jetzt Pfarrverweser, und Domdechant Peine wegen des Vergehens gegen die Maigesetze zu 200 bzw. 600 Mark Strafe verurteilt. „In contumaciam“ – also in Abwesenheit. Die Dortmunder Zeitung, seit Sommer 1874 eine täglich erscheinende liberale Zeitung, nutzt diese Verurteilung am 15. November zu einem Kommentar im großen Stil – gleich auf der ersten Seite. Tonfall: Biblische Zustände! „Der Bischof oder Generalvikar verletzen die Gesetze, schützen sich aber vor der Geldstrafe, indem sie ihre Habseligkeiten scheinbar dem Bruder vermachen […], vor der Gefängnisstrafe, indem sie durchbrennen oder Bäder oder den heiligen Vater besuchen.“
Bibelfest ist er, der Redakteur. Er endet seinen Kommentar: „Die Bischöfe, welche aus eingebildeter Pflicht das Wohl der Gemeinden in kirchlicher Beziehung opfern, gleichen dem David in seinem schändlichen Benehmen auf ein Haar.“ Gemeint ist wohl die Brautgabe, die David dem Saul bringen soll, um dessen Tochter heiraten zu können. 100 Vorhäute von Philistern als Brautschatz – und David tötet 200 Philister und bringt genauso viele Vorhäute nach Hause. (1 Sam 18)
Was der Redakteur der Dortmunder Zeitung beim Schreiben des Kommentars außer Acht lässt: Bischof Martin, der seinen Besitz seinem Bruder überschrieben hat, hatte seine Strafe im Gefängnis abgesessen, bevor er im August 1875 in die Niederlande und später nach Belgien floh. Vor allem aber lässt der Redakteur außer Acht, dass Bischof Konrad bis Mitte 1874 gegen alle Zahlungen protestiert hatte, die von ungenannten Gönnern für ihn für die unangemeldete Anstellung von Priester von geleistet worden waren. Des Bischofs Protest dagegen war jedoch zurückgewiesen worden, „weil die Salarienkasse gemäß den Ausführungen des Ministerreskriptes vom 5. August 1832 verpflichtet sei, Geldstrafen von jedem Dritten anzunehmen, und weil der hochw. Herr Bischof selbst kein Recht auf der erkannten Freiheitsstrafe habe.“ So zu lesen in der Gladbacher Volkszeitung vom 14. Juli 1874. Auf der Titelseite!
Zurück zum November 1875: Der Bischof ist seines Amtes enthoben und hat sich ins Ausland abgesetzt, Kaplan Butterbrodt ist zu einer Strafe von 200 Mark verurteilt für die Ausübung seiner priesterlichen Tätigkeit ohne staatliche Genehmigung. Die Gemeinde legt das Geld für ihren Priester zusammen – doch die Niederntudorfer erhalten ihr Geld zurück und Butterbrodt soll – es ist schon wieder Mai – für 14 Tage ins Gefängnis, berichtet die Deutsche Reichs-Zeitung am 18. Mai 1876. Das Düsseldorfer Volksblatt hingegen bringt noch am 7. Juli die Nachricht, dass Butterbrodt angewiesen ist, die 14 Tage Gefängnisstrafe anzutreten. Doch es wird noch bis 1879 dauern, bis Butterbrodt seine Strafe in Bocholt absitzen muss, die nun aber für drei Wochen gilt.
Ab September 1876 überschlagen, widersprechen und kreuzen sich die Nachrichten aus Niederntudorf in den Zeitungen. Die Nachrichten reichen noch weit über Köln hinaus – und es wird das Bild gezeichnet einer kleinen, widerspenstigen Gemeinde, in der Augenmaß und Besonnenheit verloren gegangen scheinen. Es soll nämlich, man glaubt es kaum, ein Niederntudorfer durch das Fenster in das Haus des Lehrers geschossen haben – und dabei die Lehrerstochter schwer verletzt haben. Selbst als der Staatsanwalt schon längst ermittelt hat und zu einem anderen Ergebnis gelangt ist: Die Legende vom Schuss ins Lehrerhaus bleibt Nachricht. Denn: Der Lehrer soll den Kaplan wegen der verbotenen Amtsausübung angeschwärzt haben. Das verübeln ihm die Niederntudorfer. Der Lehrer hingegen wird in der katholischen Presse als „tüchtiger Culturkämpfer“ verspottet. (Deutsche Reichs-Zeitung, 5. Oktober 1877).
Der Staatsanwalt aber kommt schon Ende September 1876 zu dem Ergebnis: Es ist durchaus ein Schuss gefallen. Aber an ganz anderer Stelle. Und zwar waren Sohn und Tochter des Lehrers zusammen mit dem Hausmädchen Richtung Garten gefahren. Den jüngeren Sohn hatten die beiden jungen Frauen vor dem Garten mit Handwagen stehen lassen, da der Weg so schmutzig war. Als die Frauen zurückkehrten, sei ein Schuss gefallen und das Hausmädchen leicht verletzt worden. Der Sohn will, so gibt er zu Protokoll, einen verhüllten Mann gesehen haben, jedoch: „Man vermuthet hier nun allgemein, dass der Sohn des Lehrers (…), der schon mehrere Tage vorher, nach Aussage von anderen Kindern, mit einem Revolver spielte, den Schuß abgefeuert, sei es aus Unvorsichtigkeit, oder aber auch, um die Mädchen in Schrecken zu setzen“. So notiert es der Sauerländische Anzeiger am 5. Oktober 1876. Auch sei der 12- oder 13-Jährige in den Tagen vorher dabei beobachtet worden, wie er die Fenster der Schule vor Tagen eingeworfen hätte. Unklar bleibt im Bericht, ob diese Fenster nicht zugleich die Fenster der Lehrerswohnung waren.
Der Artikel im Sauerländischen Anzeiger endet mit dem Fazit, dass man natürlich in Niederntudorf empört sei, dass der Lehrer den Curatpriester Butterbrodt wegen der Verrichtung geistlicher Amtshandlungen angezeigt habe. Doch seien die Niederntudorfer besonnen genug, nicht an den unschuldigen Mädchen Rache zu nehmen.
Auch noch zehn Tage nach der staatsanwaltlichen Untersuchung, am 9. Oktober, bringt die Kölnische Zeitung die Nachricht aus Niederntudorf, dass die „Gemeinde-Angehörigen bis zum Äußersten gestiegen seien“ und dem Lehrer durchs Fenster geschossen hätten. Der Staatsanwalt sei am Vortag dort gewesen – und der Einsatz von Militär sei zu befürchten. Die Schwerter Zeitung berichtet am 7. Oktober sogar über das „rebellische Dorf“ – und einen möglichen Militäreinsatz.
Tatsächlich kam das Militär dann auch nach Niederntudorf – und zwar Ende Oktober, um bei der Kartoffelernte zu helfen. Diese durchaus komische Episode zitiert „Der Wächter“ am 31. Oktober aus dem Westfälischen Volksblatt unter dem Titel: Aus Ultramontanien. Das Zitat: „Heute Morgen trafen 6 Mann von dem in Paderborn garnisonierenden Bataillon des 53. Regiments mit Wagen hier ein, um für den Herrn Lehrer Scheidt die Kartoffeln einzuernten, nachdem Herr Scheidt sich vergebens bemüht hatte, gegen sehr hohen Tagelohn aus den Nachbardörfern Arbeiter zu bekommen. Aus den bekannten Gründen versagten ihm die Einwohner jede Hilfe dabei.“
Zu diesem Zeitpunkt war Curatpriester Butterbrodt bereits aus den vier Paderbornischen Kreisen Büren, Warburg, Höxter und Wiedenbrück ausgewiesen. Die Deutsche Reichs-Zeitung berichtet am 15. Oktober nicht ohne Süffisanz aus Niederntudorf: „9. Oktober. Gestern Nachmittag gegen 3 Uhr erschien Herr Bürgermeister Brüggemann von Salzkotten hier, um Herrn Curatpriester Butterbrodt das in Abschrift beiliegende Ausweisungsdekret zu überreichen. Der Herr Bürgermeister glaubte, Herr Butterbrodt werde sich ohne Weiteres zu ihm in den Wagen setzen und Niederntudorf sofort verlassen, welchem Ansinnen Herr B. jedoch, sowie auch der Unterzeichnung des Protokolls sich entschieden weigerte, indem er erklärte, nur der Gewalt weichen zu wollen.“
Ende Oktober wird die Ausweisung ergänzt: Auch im ganzen Kreis Arnsberg darf Butterbrodt sich nicht mehr sehen lassen. (Sauerländer Bote, 4. November 1876)
Ein Jahr später, die Deutsche Reichs-Zeitung berichtet am 5. Oktober 1877, wird Lehrer Scheidt ins Gefängnis nach Paderborn abgeführt. Wegen unsittlicher Handlungen an Schulkindern. Die Zeitung legt in ihrer Meldung, die nur wenige Zeilen lang ist, Wert auf die Feststellung, dass es derselbe Gendarm ist, der Herrn Butterbrodt vor einem Jahr ausgewiesen hat.
Butterbrodt hat derweil Asyl gefunden in Velen beim Grafen Landsberg. Er ist dort als Hausgeistlicher tätig, bis ihn die Polizei aus Bocholt für drei Wochen ins Gefängnis setzt – wegen der ausstehenden 200 Mark Strafe. Erst Ende 1880 darf Butterbrodt wieder nach Niederntudorf zurück, wo er nach vier Jahren und zwei Monaten Exil unter Jubel empfangen wurde. In den Zeitungen fällt die Nachricht jedoch ausgesprochen kurz aus: „Dem aus dem Regierungsbezirk Minden ausgewiesenen Herrn Kaplan Butterbrodt ist auf dessen Gesuch die Rückkehr nach Niederntudorf (Kreis Büren) gestattet worden“, berichtet das Minden-Lübecker Kreisblatt am 14. Dezember 1880.
Lehrer Scheidt hingegen wurde im April 1878 versetzt. Er war zwar im Prozess im Oktober 1877 von jeglicher Schuld freigesprochen worden – doch wurde er in Niederntudorf seines Lebens nicht mehr froh.
Mai 2024, © Mechthild Eissing
Zur Verhaftung des Bischofs Konrad Martin schreibt die Rhein- und Ruhrzeitung (mit dem Verweis auf die Kölnische Zeitung und das Westfälische Volksblatt) am 06.08.1874:
"Vor dem Bischöflichen Palais hatten sich Hunderte von Gläubigen versammelt, obgleich die Stunde der Abführung geheim gehalten war, und nur mit Mühe konnte der Wagen passieren."
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Deutsche Reichs-Zeitung, 25.12.1874
„Culturkampf“.
"Der hochw. Herr Bischof Matthias von Trier sitzt 294 Tage im Arresthause zu Trier; gefangen genommen am 6. März 1874. – Der hochw. Herr Erzbischof Miecislaus von Posen sitzt 325 Tage im Kreisgefängnisse von Ostrowo; gefangen genommen am 3. Februar 1874. – Der hochw. Herr Weihbischof Janiszewski von Posen sitzt 151 Tage im Kreisgefängnisse zu Kozmin, gefangen genommen am 27. Juli 1874. – Der hochw. Herr Bischof Martin von Paderborn sitzt 143 Tage im Gefängnis zu Paderborn; gefangen genommen am 4. August 1874. - Nach den „Wuppertaler Volksblättern“ beläuft sich die Anzahl aller verhafteten, verurtheilten u. s. w. Geistlichen bis zum 3. Dec. auf 1400 – das sind die Opfer des „Culturkampfes!"
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Düsseldorfer Volksblatt, 31.5.1875
"Das Kirchenvermögen der beiden erledigten Pfarrstellen zu Brenken und Niederntudorf ist in der vergangenen Woche auf Anordnung des Ober-Präsidenten durch das Landraths-Amt in Büren beschlagnahmt. An dem letzten Orte sind auch die Kirchenbücher dem Pfarrverweser genommen worden."
[erledigt bedeutete damals so viel wie vakant, unbesetzt]
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Deutsche Reichs-Zeitung, 16.11.1876:
"Von den zwölf preußischen Bistümern sind zwei durch Tod erledigt, […]. Fünf Bischöfe sind durch den Berliner „königlichen Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten“ „staatlich abgesetzt“, [Es folgt die Aufzählung, welche Bischöfe im Ausland sind und welche im Gefängnis gesessen haben.] „Der Bischof von Limburg, der dieser Tage mit der „staatlichen Absetzung“ bedroht worden ist, hat sich ins Ausland begeben. Es bleiben also nur noch vier Bisthümer: Ermland, Culm, Osnabrück und Hildesheim, die noch regelmäßig verwaltet werden. Doch wie lange noch!"
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Kölner Nachrichten, 9.10.1876
"Der „Liborius-Bote“ schreibt: „In dem Nachbarorte Niederntudorf soll die Erbitterung gegen den Lehrer Scheidt, welcher den Curatgeistlichen Butterbrodt wegen Berichtigung geistlicher Amtshandlung angezeigt haben soll, von Seiten einiger Gemeinde-Angehörigen bis zum Aeußersten gestiegen sein und dieselben sich soweit vergessen haben, daß sie dem genannten Lehrer ins Fenster geschossen und durch den Schuß die Tochter desselben und noch eine andere Person, die sich im Zimmer befand, verwundet haben. Gestern hatte sich von hier der Staatsanwalt, Herr Müller, nach Niederntudorf zur näheren Untersuchung begeben. Es soll zu befürchten stehen, daß Militär nach Niederntudorf verlegt wird. Hoffentlich gelingt es, die Excedenten zu ermitteln und zur gebührenden Strafe zu ziehen."
Deutsche Reichs-Zeitung, 5.10.1877
"Vor etwa einem Jahr wurde unser Herr Kaplan Butterbrodt in Folge der Maigesetze ausgewiesen und vom Gensdarm über die Grenze nach Büren gebracht. Der liberale Gegner des Kaplans, Lehrer Scheid, der als tüchtiger Culturkämpfer der verwaisten Pfarrgemeinde nicht wenig Sorge bereitet hat, wurde dieser Tage durch denselben Gensdarm ins Gefängnis nach Paderborn transportirt. Scheid ist in Untersuchung wegen unsittlicher Handlungen an Schulkindern."
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Emscher Zeitung, 15.5.1880
"(Zum Kulturkampf). Der Caplan Butterbrodt, welcher aufgrund der Maigesetze von den Regierungen zu Münster und Arnsberg ausgewiesen worden ist, hat nun den Cultusminister gebeten, wieder heimkehren zu dürfen. Eine Bitte, die natürlich „abschlägig beschieden“ wurde. Das Schreiben, das den Caplan aus den heimathlichen Fluren verbannt, lautet: Berlin, den 29. April 1880. – Ew. Hochwürden erwidern wir auf die Vorstellung vom 28. Januar d. J., daß wir uns nicht veranlaßt sehen, die von den königlichen Regierungen zu Minden und Arnsberg gegen Sie verfügte Ausweisung aufzuheben, da wir aus der Vorstellung die Ueberzeugung nicht haben gewinnen können, daß Sie sich der Ausübung geistlicher Amtshandlungen so lange, als Sie dazu nicht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen befugt sind, enthalten werden."